Mittwoch, 14. Februar 2007


Kino: TENACIOUS D IN: THE PICK OF DESTINY

Es ist ja ein wenig die Wunschvorstellung jedes Kindes: Man liegt verzweifelt auf dem Bett, schwelgt in Gedanken und fleht insgeheim sein großes Idol auf dem Poster darüber an, einem entweder mit Rat und Tat beiseite zu stehen oder aus dieser tristen Realität zu befreien. Jack Black ("King Kong") bzw. sein Alter Ego, der zehnjährige Lil’ JB, wendet sich verzweifelt an den Rock-Gott Ronnie James Dio, nachdem sein Vater (natürlich: Meat Loaf!) der höllischen Metalmusik den Kampf erklärt hat – "I need a tight compadre who will teach me how to rock. My father thinks you're evil, but man, he can suck a cock!" Das ist der kurze Prolog, der den Zuschauer darauf einstimmt, was ihn die nächsten 90 Minuten erwarten wird: Blasphemie, allerlei Vulgaritäten, grundsätzliche Non-Konformität und vor allem eine Menge kreischender Distortion. "Tenacious D in: The Pick of Destiny" ist ein lautes, enervierendes Rock-Musical, das augenzwinkernd die abenteuerliche Geschichte seiner Titel gebenden Band erzählt und sich bescheiden als "The greatest motion picture of all time" ankündigt.

Dass das 1994 im Rahmen von Tim Robbins’ Actor’s Gang gegründete Duo in 12 Jahren nur zwei Alben veröffentlicht hat, muss kein Grund sein, sich nicht in einem filmischen Denkmal selbst zu inszenieren, schließlich sind Black und sein Partner Kyle Gass waschechte Rampensäue, die mit ihrer Mischung aus Comedy und Rock’n’roll eher Entertainment- denn wirklichen Musikcharakter besitzen. Nach zahlreichen HBO-Shows und Live-Auftritten erscheint der Film zur zweiten Langspielplatte nur konsequent. Normalzuschauer kommen da womöglich zwar nicht mehr ganz mit, Fans und Verehrer der selbst ernannten Kings of Rock wird’s umso mehr freuen: Anderen musikalischen Anarchokomödien wie "Wayne’s World" nicht ganz unähnlich, werden meist geschmacklose, aber herrlich überdrehte Gags im Sekundentakt abgefeuert, eingebettet in schrille Songs und Gesangseinlagen und angereichert mit zahlreichen Insidern auf die eigene Band- und allgemeine Rockgeschichte.

Wer bei so viel geballtem Slacker-Humor noch eine anständige Geschichte vermisst, befindet sich dann ohnehin im falschen Film, ist das Drehbuch von JB und KG, so die ehrenwerten Kürzel, zwar gemeinsam mit Regisseur Liam Lynch geschrieben, folgt aber eher dem konventionellen Genrepfad, der seine Helden den obligatorischen Bandcontest bestehen lassen muss. Die Suche nach einem magischen Plektrum – geschnitzt aus dem Zahn des Belzebuben höchstpersönlich – ist da nur der Gipfel an Trivialität, die für das dynamische, überaus kurzweilige Vergnügen auch schon fast unabsonderlich scheint. Immerhin belegen intertextuelle Bezüge im Musikladen des Vertrauens (amüsant: Produzent Ben Stiller als Gitarrenverkäufer) das, was scharfsinnige Beobachter schon lange mutmaßten: Auf sämtlichen Coverabbildungen spielten die maßgeblichen Gitarren- akrobaten von Eddie van Halen bis Pete Townsend mit genau diesem Plektrum – nur so werden Tenacious D den Wettbewerb für sich entscheiden, die Geschichte gibt ihnen recht.

Allerdings, und hier betritt der Film endgültig phantastischen Boden und beweist visuellen Einfallsreichtum, haben die beiden übergewichtigen Nerds ihre Rechnung ohne den garstigen Teufel gemacht. Wie bereits im Video zur Hitsingle "Tribute" wird dieser von niemand geringerem als Dave Grohl, erfolgreicher Foo Fighters-Frontmann und ehemaliger Nirvana-Trommler, gespielt und ist mächtig erzürnt über die Vermarktung seines Beißerchens: "Yes you are fucked, shit out of luck – now I'm complete and my cock you will suck! " Das Finale geriet dabei nicht nur äußerst überladen und gerade deshalb so mitreißend, sondern glänzt auch mit virtuos komponierten Stücken, deren Medleycharakter besonders den Stakkatorhythmus des Films formt. Ungeachtet der schauspielerischen Fähigkeiten beider Titelhelden verstehen Black und Gass mehr von Musik, als ihre comicartigen Figuren mit der betonten Unkultiviertheit vorgeben: "Tenacious D in: The Pick of Destiny" begeistert nicht nur durch einige erstaunliche Musicalnummern, sondern feiert genüsslich und doch mit marktschreierischem Nachdruck den einzig wahren "motherfuckin" Rock’n’roll.

Die 80er: Blues Brothers
Die 90er: Wayne's World
Die 00er: Tenacious D

Ernsthaft. Schaut euch The Pick Of Destiny an. Das erzählt ihr noch euren Enkeln.

Fazit: 80% oder auch 8 von 10 Punkten

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