Samstag, 31. Oktober 2009

RAMMSTEIN - Liebe ist für alle da




















Provokant, schockierend, für die ältere Generation wahrscheinlich schlichtweg ekelhaft:
Rammstein lassen auf ihrer neuen CD blasen.
Und zwar so ordentlich.

Gleich bei mehreren Liedern ertönen orchestrale Blechblasinstrumente, was sich im Zusammenspiel mit den harten Riffs aber richtig prima anhört. Überhaupt hatte ich die sechs ostdeutschen Industrialbrachialiker seit ihrem letzten Album eigentlich abgeschrieben und bei der Singleauskopplung angesichts der platten angelsächsisch/germanischen Lyrics das Bedürfnis, mich vor Scham sechs Fuß tief in die Erde graben zu wollen. Von daher ging ich mit extrem niedrigen Erwartungen an die CD und sollte doch überrascht werden.

Klar, wer die Band noch nie leiden konnte, wird mit Sicherheit auch nach dem Hören von Liebe ist für alle da kein bekennender Fan. Große Änderungen am Erfolgsstrickmuster gibt es nämlich selbstverständlich nicht. Brummende Stimme, rollendes R, runtergestimmte Gitarren, den knochentrockenen Sound auflockernde Keyboards, teils dezent unappetitliche Texte und das Cover wird bestimmt von einigen entrüsteten Vorzeigepädagogen demnächst kopfschüttelnd beweint werden. So weit, so bekannt, letzten Endes geht es aber um die Songs und die haben nach der enttäuschendem Album Rosenrot endlich wieder etwas Packendes, Pulsierendes, man fühlt sich an beste Sehnsucht und Mutter-Zeiten erinnert.

Waidmanns Heil verströmt Power, mit Haifisch zollt man von der Melodie her den verehrten Depeche Mode, vom Text natürlich Mackie Messer Tribut. Ich tu dir weh verbindet kranken Text mit eingängigem Refrain: man singt mit, obwohl man eigentlich Igittigitt denkt. Das ist ein bisschen so, als würde man sich Hostel oder Saw anschauen und dabei flammende Liebesgedichte fürs Poesiealbum schreiben - halt typisch Rammstein. Im Gegensatz zu früher beherrschen die Burschen nun auch das getragene Pathoslied. Frühling in Paris wird mit Sicherheit zwar ungezählten Französischlehrerinnen und Edith Piaf-Freunden den jähen Herztod bescheren, ist aber sehr stimmungsvoll geworden.
Roter Sand; die letzte Nummer auf Rammstein ALben waren bis dato eigentlich immer recht übel, bis jetzt. Für die erfolgreiche Wiedereinführung der gepfiffenen Melodie in die Rockmusik, (was seit Wind of Change musikalisch eigentlich mit der Todesstrafe bewehrt war) sollte man den Jungs, Respekt zollen. Mehr mit seinem auf die Raffgier gemünzten Text fängt ruhig an, fährt das standardmäßig schwere Riff auf, geht aber schließlich noch in einen hymnischen Teil über.
Der Rest ist gewohnt satt-krachend mit Schmackes im Liedgut, ohne langweiligen Moment und fast ohne peinlichen Aussetzer.

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