(Deutschland/Frankreich/England 2011)
Großes Starkino aus Deutschland, gedreht für den internationalen Markt? Das war in den vergangenen drei Jahrzehnten untrennbar mit dem Namen Bernd Eichinger verbunden. Der überraschende Tod des ambitionierten und global denkenden Produzenten im Januar 2011 hat eine Riesenlücke hinterlassen, die sich bereits in der ihm gewidmeten Neuverfilmung der „Drei Musketiere" bemerkbar macht. Denn gerade in seinen opulenten Romanverfilmungen wie „Der Name der Rose", „Das Geisterhaus" oder „Das Parfüm" achtete Eichinger darauf, dass neben einem erstklassigen Cast auch renommierte Regisseure wie Jean-Jacques Annaud, Bille August oder Tom Tykwer hinter der Kamera standen. Mit der Alexandre-Dumas-Adaption wurde dieser Weg nicht mehr weiter beschritten – mit fatalen Konsequenzen. Ausgerechnet Oberflächen Filmer Paul W.S. Anderson wurde die ehrenvolle Aufgabe übertragen, aus dem ausgelutschten Stoff etwas Frisches, Zeitgemäßes zu zaubern. Im Presseheft behauptete der umstrittene „Resident Evil"-Regisseur noch kühn, „dass die Arbeit an einem historischen Film kaum anders wäre als die Arbeit an einem Science-Fiction-Film." Wenn er sich da nicht getäuscht hat.
Wie die meisten Anderson-Filme ist auch „Die drei Musketiere“ laut, auf den Effekt ausgerichtet und uramerikanisch, selbst wenn es um französische Helden geht. Das amerikanische Kulturverständnis wird in der Auftaktszene nach Italien gebracht, in der die drei Musketiere Athos (Matthew Macfayden), Porthos (Ray Stevenson) und Aramis (Luke Evans) zusammen mit Milady de Winter (Milla Jovovich) als eine Art Ninja-Spezialeinheit Baupläne Leonardo Da Vincis klauen. Wenn dann die Palastwache anrückt, dann sprengt man sich schon mal den Weg zu den Kanälen Venedigs frei und zerstört damit die restlichen Da Vinci-Schriften, Hauptsache man hat die Pläne. Andrerseits bricht man bei dem Raub einer von Til Schweiger gespielten Figur die Nase, also kann es gar nicht so verkehrt sein.
Als Milady die Musketiere jedoch betäubt, nach England überläuft und die Luftschiff-Baupläne an den Duke von Buckingham (Orlando Bloom) übergibt, da ist die Kacke am Dampfen: Die Musketiergarde wird aufgelöst, das Trio vegetiert dahin, während Kardinal Richelieu (Christoph Waltz) starken Einfluss auf den kindlichen König nimmt. Als dann noch D’Artagnan (Logan Lerman) in die Stadt einreitet und innerhalb kürzester Zeit alle drei Musketiere zum Duell fordert wird klar: Trotz Luftschiffen und Spezialeinsätzen orientiert sich Anderson im Grunde doch ein klein wenig an der weltbekannten Romanvorlage.
Andersons Krawallspekatkel funktionieren mal mehr, mal weniger gut, vielleicht am besten bei seiner enthemmten Testosteron-Orgie „Death Race“, doch hier wäre es wohl besser gewesen die Dumas-Vorgaben über Bord zu schmeißen und kaum mehr als die Figuren zu übernehmen. Besonders ekelhaft ist die Anbiederung an der „Twilight“-Publikum jedoch in der Figur D’Artagnans, der immer aussieht als käme er gerade aus dem nächsten Clearasil-Werbespot angeritten, dessen (vollkommen keusche) Romanze mit Constance (Gabriella Wilde) noch mit ein paar Pseudo-Screwball-Wortgefechten aufgepeppt wird. Bei der Bösewichtsgestaltung geht „Die drei Musketiere“ tatsächlich in die Vollen, hat mit Richelieu, Buckingham, Milady und Rochefort (Mads Mikkelsen) ein schillerndes Fieslingsquartett, das teilweise noch gegeneinander intrigiert. Chrsitoph Waltz (Richelieu) schaukelt das Kind mal wieder im Hans-Landa-Modus (Inglourious Basterds), Orlando Bloom hat sichtlich Spaß daran mal nicht den ehrenhaften Schönling spielen zu müssen, Mads Mikkelsen ist goldig als Schurke und auch Milla Jovovich kann fast mit ihren drei Fieslingskollegen mithalten.
Als kurzweilige Abendunterhaltung zum Abschalten ist Andersons Film durchaus geeignet.
5,5 von 10 Punkten
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