Montag, 18. Februar 2013

7 Psychos



UK/USA 2012

Marty (Colin Farrell), erfolgloser Autor in Hollywood, braucht dringend ein paar Anregungen für sein neues Drehbuch, denn bisher steht nur der Titel. Durch seinen besten Freund Billy (Sam Rockwell) bekommt er allerdings mehr Inspiration als ihm lieb ist: Als Hundekidnapper mischt Billy die kriminelle Szene durch den Diebstahl eines Shih Tzu ordentlich auf. Sein Pech: Es ist der heißgeliebte Schoßhund des durchgeknallten Gangsters Charlie (Woody Harrelson). Bevor Marty sich versieht, steckt er mitten in seinem eigenen Drehbuch und will nur noch eins: Überleben! Und seine Geschichte zu Ende schreiben...
Nach dem weltweiten Erfolg seines Regiedebüts „Brügge sehen... und sterben?“  kommt nun 7 Psychos, der neue filmische Coup von Oscar-Preisträger Martin McDonagh, ins Schauspielhaus. Im September 2012 feierte der Film in der Session Midnight Madness beim Internationalen Filmfestival in Toronto seine Weltpremiere und entwickelte sich dort vom Geheimtipp zum Publikums- und Kritikerliebling. McDonagh inszenierte seine schwarze Komödie mit bösen, witzig-scharfen Dialogen und kultigen Schauspielstars wie Colin Farrell (Brügge sehen... und sterben?), Sam Rockwell (Iron Man 2) und Christopher Walken (Catch Me If You Can). In weiteren Rollen sind Woody Harrelson (Zombieland), Abbie Cornish (Sucker Punch), Musiker-Legende Tom Waits (The Book of Eli) und Olga Kurylenko (James Bond 007 – Ein Quantum Trost) zu sehen.
"7 Psychos"  ist ein Film, der von professionellen Filmkritikern sofort mit Tarantino-Filmen verglichen wurde, nur um ihn anschließend abzuwerten mit den Worten, erreiche qualitativ nicht an einen Tarantino-Film heran. Doch ich finde, damit tut man diesem Film unrecht. "7 Psychos" hat meiner Meinung nach gar nicht so viel mit Quentin Tarantino zu tun, denn er zeigt Brutalität nicht gewaltverherrlichend, sondern so wie sie in der Realität eben wirklich ist, nämlich einfach nur brutal. Man sollte sich nicht abschrecken lassen und "7 Psychos" unvoreingenommen begegnen.
Was mir an dem Film gut gefiel, war wie die sieben Psychos dem Zuschauer präsentiert wurden. Anstatt einfach alle nur der Reihe nach zu präsentieren wie bei der Vorstellungsrunde einer Gruppentherapie, hat man da ein paar überraschende dramaturgische Wendungen eingebaut. "7 Psychos" ist ein Film, der die Lachmuskeln all jener ganz schön beanspruchen kann, die einen Sinn für schwarzen Humor mitbringen.
Keine Frage, die Idee zu „7 Psychos“ ist klasse und wartet mit ein paar herrlich absurden Ideen auf. Dennoch wird man die meiste Zeit das Gefühl nicht los, dass hier viel inszenatorischer Lärm um Nichts gemacht wird. Die Story hat Potenzial, aber McDonagh weiß es einfach nicht voll auszuschöpfen. Auf einen gelungenen Gag kommen fünf, die ins Leere laufen. Auf einen coolen One-Liner kommen fünf, die eher peinlich als cool sind. Auf eine schräge Dialogsequenz kommen fünf, die absolut belanglos sind. McDonagh wirft sich irgendwie permanent selbst Knüppel zwischen die Beine, so dass seine Story nie ihr ganzes Potenzial ausschöpfen kann, obwohl dieses klar erkennbar ist. Darüber hinaus ist das Ganze so offensichtlich tarantinoesk inszeniert, dass McDonagh im direkten Vergleich eigentlich nur verlieren kann, denn er ist eben nicht Tarantino, der sowohl mit „Pulp Fiction“ als auch mit „Reservoir Dogs“ eindrucksvoll bewiesen hat, dass er der Meister der absurd-genialen Gangsterdialoge ist. Inszenatorisch erinnert mich „7 Psychos“ sehr an McDonaghs Erstling „Brügge sehen…und sterben?“. Auch hier hatte man immer das Gefühl, dass der Film nicht so richtig aus der Hüfte kommt und mehr sein will, als er letztendlich ist. 
Die Story hat eindeutig Längen, die zwar nicht wirklich langweilig sind, aber dennoch erkennen lassen, dass man auf viele von ihnen gut hätte verzichten können. Und auch, wenn hier eindeutig ein roter Faden zu erkennen ist, ist dieser eher zerfasert als straff gespannt. Man merkt McDonagh an, dass er so gerne witzig und kreativ und abgefahren sein möchte, aber so richtig gut gelingt ihm das nur an wenigen Stellen von „7 Psychos“. Viel öfter ertappt man sich leider dabei, dass man sich fragt, was dieses ganze rhetorische Füllmaterial im Film zu suchen hat und warum nicht alles so witzig ist, wie es McDonagh an einigen Stellen definitiv gelungen ist. Immer mal wieder blitzt McDonaghs Qualität zum Absurden durch, aber es gelingt ihm nicht, damit 110 Minuten zu füllen. Die einzelnen Fragmente (durchgeknallte Figuren, abgefahrene Storys, absurder Humor) wollen sich einfach nicht zu einem stimmigen Ganzen zusammenfügen, so dass „7 Psychos“ leider nicht mehr ist, als eine mehr oder weniger gelungene Aneinanderreihungen von Seltsamkeiten unterschiedlicher Qualität. Da hilft auch der inszenatorische Kniff, Billys verrückte Geschichten als kleine Filme im Film unterzubringen, nichts, da McDonagh hier die gleichen Fehler passieren wie in seinem Haupt-Plot. Darüber hinaus fügen sich die episodisch eingestreuten kurzen Gewalteruptionen ebenfalls nicht so richtig in die Story, sie sind zwar lustig, aber auch so übertrieben blutig, dass sie den ein oder anderen definitiv vestören könnten.
Herausgekommen ist ein guter und sehenswerter Film, der auch von seinen lustigen und teilweise verrückten Dialogen lebt und locker als schwarze Komödie durchgeht. In den Filmszenen, in denen Billy seinem Freund Marty beim Verfassen seines Drehbuchs behilflich ist, hat man noch einen bitterbösen Kommentar zur Gewaltdarstellung in Hollywood-Filmen abgeliefert, der einem ganz schön im Gedächtnis haften bleibt.

Am Ende bekommt man sogar das aberwitzige Kunststück hin, eine Moral in eine ansonsten morallose Geschichte einzubauen: Und die Moral von der Geschicht', dass Du nicht taugst zum Psycho, das denk' nicht!

8 von 10 Psychos

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